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Der "Kleine Markt" bei der Remigiuskirche


Autor und Repro: Hartmut Geißler
mit Dank für hilfreiche Hinweis von Peter Weiland


Vom frühen Mittelalter bis etwa 1700 bildete die Remigiuskirche mit dem dort (nördlich dahinter?) gelegenen Königshof - beide schon seit der Merowingerzeit existierend - das Zentrum von Nieder-Ingelheim. Nachdem durch die Anordnung Karls des Großen in 500 m Entfernung eine prächtige Pfalzanlage, die heute sog. Kaiserpfalz errichtet worden war, deren Regierungsgebäude bis 1043 für viele wichtige Veranstaltungen dienten, bildete sich dort ein zweites Siedlungszentrum. So bekam Nieder-Ingelheim im Laufe der Jahrhunderte und vor allem während des 19. Jahrhunderts zwei Zentren:

1. das Zentrum des ehemaligen Königshofes und alten Dorfes Nieder-Ingelheim an der Kirche St. Remigius/St. Kilian, mit dem "Kleinen Markt", das nach der Pfälzer Kirchenteilung 1705/07 überwiegend katholisch geprägt war, weil die Kirche und die damit verbundenen Gebäude wieder der katholischen Gemeinde zugefallen war,
und ...
2. das neue Zentrum mit neuem Rathaus und Marktplatz neben dem Saal, der sog. "Kaiserpfalz", das überwiegend reformiert/evangelisch geprägt war und sich in der Saalkirche eine eigene Kirche schuf.

Auf dem folgenden Bild ist das alte Dorfzentrum mit dem "Kleinen Markt" an der Mainzer Straße zu sehen, auf einer Fotografie von 1905 aus dem Archiv des Historischen Vereins, wo der Fotograf, einer damaligen Sitte gemäß, Kinder in Reihen und der Körpergröße nach wie die Orgelpfeifen aufgestellt hat.

Links sieht man das katholische Schulhaus mit Anbauten, die 1977 zur Verbreiterung der Straße abgerissen wurden. An ihrer Stelle befindet sich jetzt der kleine Parkplatz und der Vorplatz der Kirche mit dem Denkmal für Sebastian Münster, weil etwa dort das mittelalterliche Hospital stand, für das sein Vater Spitalmeister (Finanzverwalter) war.

Hinter der linken Kindergruppe eine Waage mit dem dazugehörigen Häuschen; das Haus vor der Kirche - das damalige Gemeinde-Eichhaus, nach dem 1. Weltkrieg Freibank, wo es auch Pferdefleisch zu kaufen gab - mit einem Laufbrunnen, der gleichfalls nicht mehr existiert, sondern als Zierbrunnen an die Kirchhofmauer verlegt wurde. An der Stelle dieses Eichhauses lag um 1860 noch eine große "Weede", ein Löschteich für das Dorf Nieder-Ingelheim. Peter Weiland weist darauf hin, dass man auch zum Eichen der Fässer und anderer Gefäße größere Mengen Wasser brauchte und dass wahrscheinlich deshalb das Eichhaus an dieser Stelle errichtet wurde.

Die Straße ist schon gepflastert mit einer breiten Abflussvertiefung für das Oberflächenwasser, das bei Unwettern auch an dieser Stelle vom Mainzer Berg herab sehr stark anschwellen kann.

 

Gs, erstmals: 01.01.12; Stand: 01.05.21