Autor: Hartmut Geißler
nach Gerhard, Nadine: Ingelheim am Rhein, S. 547-548
sowie 50 Jahre Ingelheim am Rhein (BIG 38), S. 181-230
Hans Ulrich Oehlschlägel wurde am 11. Mai 1930 in Meißen geboren. Die Fortsetzung seiner weiteren Schulbildung in seiner Heimatstadt unterbrach der Krieg und seine Folgen.
Deshalb absolvierte er in Niedersachsen eine Landwirtschaftslehre und war seit 1948 im rheinhessischen Raum als landwirtschaftlicher Gehilfe tätig. Nach der Winzergehilfenprüfung besuchte er die Weinbauschule Oppenheim sowie die Höhere Weinbauschule in Bad Kreuznach und studierte Land- und Volkswirtschaft in Gießen. 1955 bestand er die Nichtschüler-Reifeprüfung und studierte anschließend in Frankfurt, Freiburg und Mainz Rechtswissenschaft.
Beide Examina legte er in Mainz ab und wurde nach Tätigkeiten als Polizeidezernent in Darmstadt und Stadtrechtsrat in Zweibrücken von 1966 bis 1972 Bürgermeister bzw. von 1972 bis 1975 Oberbürgermeister von Ingelheim.
Schwerpunkte seiner Tätigkeit in Ingelheim waren die Eingemeindung von Großwinternheim 1972, wodurch die Stadt den Status einer großen, kreisangehörigen Stadt bekam, die Förderung einer kinder- und altenfreundlichen Stadt durch den Bau von sechs neuen Kindergärten, von Spiel- und Sportplätzen, Altentagesstätten, den Bau von Schulen (Kurt-Schumacher-Schule, Theodor-Heuß-Schule), die Errichtung eines Hauses der Jugend zuerst am Fridtjof-Nansen-Haus und später in der ehemaligen Landwirtschaftsschule in der Justus-von-Liebig-Straße. Auch bemühte er sich um die Ausweisung von Gewerbebieten, die weitere Verkehrserschließung, die Einrichtung der ersten Autofähre 1968. Auf harten Widerstand trafen allerdings die Sanierungspläne von Ober-Ingelheim mit einem Straßenausbau.
Oehlschlägel versuchte erfolgreich, mit überlebenden Ingelheimer Juden Kontakt aufzunehmen, und organisierte Treffen mit ihnen in Ingelheim. An der Stelle der 1938 zerstörten Synagoge wurde 1972 eine erste Gedenktafel angebracht.
1972 fand das erste Euro-Folk-Song-Festival bei der Burgkirche statt. In seiner Amtszeit engagierte sich die Stadt bei den Internationalen Tagen von Boehringer Ingelheim.
Als Bürgermeister wirkte er koordinierend bei der erfolgreichen Bekämpfung des Jahrhundert-Hochwassers 1970 mit.
Oehlschlägel wurde 1973 anlässlich des zehnten Jahrestages der Städtepartnerschaft mit Autun zum dortigen Ehrenbürger ernannt und brachte 1971 auch die Städtepartnerschaft mit Berlin-Kreuzberg auf den Weg.
Jahrzehnte lang gehörte Oehlschlägel auch dem Kirchenvorstand der Saalkirche und der Dekanatssynode in Ingelheim sowie von 1998 bis 2010 auch der Kirchensynode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau an. Für sein langjähriges Engagement verlieh ihm die EKHN 2014 die Silberne Ehrennadel.
Hans Ulrich Oehlschlägel starb am 13. August 2015 in Ingelheim.
Gs, erstmals: 16.03.09; Stand: 18.04.21