Autor: Hartmut Geißler
nach Henn, Industrie-Entwicklung
und Meyer/Mentgen, S. 193-196
Eine "Düngemittelfabrik Kahn und Herrmann" wurde 1863 von Josef Isaak Herrmann, einem jüdischen Ingelheimer, im Blumengarten gegründet; später kam durch Einheirat noch ein weiterer Ingelheimer Jude hinzu: Heinrich Koch, sodass das Unternehmen umbenannt wurde in "Herrmann & Koch. Chemische Düngerfabrik". Es beschäftigte zeitweise 20-25 Personen.
Bei dem Ringen um einen geeigneten Verlauf der Transportschwebebahn für das Rohmaterial der Portland-Cementfabrik 1899 setzte er sich im Gemeinderat, in dem er seit 1895 Mitglied war, vergeblich gegen Dr. Erlanger für den nördlichen Verlauf an der Eisenbahn ein, anstatt über Grundstraße und Bahnhofstraße.
Nach der Jahrhundertwende war er Mitglied der Handelskammer. Bei ihrer Neuwahl 1910 setzte er sich gegen den Fabrikanten Dr. Hermann Bopp von der Chemischen Fabrik Frei-Weinheim durch, starb aber schon 1912.
Die Fabrik stellte aus Tierabfällen Knochenmehl zur Düngung her, was je nach Windrichtung zu erheblicher Geruchsbelästigung führte. Darüber und über die Verschandelung seines Ausblickes auf den Rhein beschwerte sich u.a. auch Wilhelm von Erlanger. Die chemische Analyse des Düngers ist bei Meyer/Mentgen, S. 193, abgedruckt.
Die Produktion wurde 1914 eingestellt und die Fabrik endgültig wohl 1918 stillgelegt. Nach dem Tod Heinrich Kochs 1912 erbte seine Tochter Lina das Gelände, das von den Nationalsozialisten 1938 oder 1939 enteignet wurde. Auf dem Gelände sollte eine Schweinemästerei angelegt werden; 1939 wurde auch wieder eine industrielle Nutzung erwogen.
Heute ist es ein Teil des Ingelheimer Sportgeländes.
Lina Koch wurde 1942 von Mainz aus deportiert und im Vernichtungslager Treblinka ermordet.
Gs, erstmals 22.02.07; Stand: 06.08.21